„Nicht nachlassen, immer wieder aufklären, um die Qualität des Biotonneninputs zu erhöhen. So auch in Braunschweig …“

„Überwinde deine Trennungsangst“

Aufklären kommt vor Bestrafen: So lautet derzeit die Devise des Abfallentsorgungsunternehmens Alba Braunschweig, das im Auftrag der Kommune die Biotonnen in der 250.000 Einwohner zählenden Stadt einsammelt, vergärt und kompostiert. Denn auch in Braunschweig wie überall in Deutschland muss sich an den Qualitäten des Biotonnen-Inputs entscheidend etwas verändern, um die ab Mai 2025 in Kraft tretenden Vorgaben der novellierten Bioabfallverordnung erfüllen zu können. Aus diesem Grunde haben die Braunschweiger auch an der letztjährigen Kampagne Biotonnen-Challenge teilgenommen, die für eine Biotonne ohne Fremdstoffe warb. Aber nicht genug: „Kein (Bio)Plastik in die Tonne“ steht auf einem Aufkleber, den Alba auf alle Biotonnen-Deckel im Einzugsgebiet Braunschweig drapiert hat. Mit „Überwinde deine Trennungsangst“ wirbt Alba überdies mit Wortwitz für eine „reine“ Biotonne. Um die Ziele tatsächlich zu erreichen und um die Einwohner für das Thema noch mehr zu sensibilisieren, sind derzeit weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen von allen Beteiligten in der Planung.

Dass es auch in Braunschweig noch viel zu viele Fehlwürfe gibt, zeigte sich dann deutlich bei der im Januar über die ganze Stadtfläche durchgeführten Biotonnenanalyse. „Dabei haben wir die Fehlstoffe in der Fracht von 42 Sammeltouren, ungefähr 40 Tonnen, per Hand aussortiert“, erklärt Bernhard Heyroth, Betriebsleiter Technik und Anlagen beim VHE-Nord Mitglied Alba Niedersachsen-Anhalt GmbH, die Vorgehensweise. „Die ganze Aktion hat rund 240 Arbeitsstunden in Anspruch genommen“, beziffert Heyroth den zeitlichen Aufwand für die wahrlich wenig prickelnde Sortierarbeit. Tatsächlich offenbarte sich eine große Bandbreite: Die besten Einzugsgebiete hatten weniger als 0,7 Prozent Fehlwürfe (Bild DSC 01603), das schlechteste Stadtgebiet hatte einen Anteil von über 13 (!) Prozent (Bild DSC 01421). Letzteres sicherlich ein Fall für die graue Tonne, also kostenpflichtiger Restabfall. Insgesamt fielen gemittelt rund 2,5 Gewichtsprozente an Störstoffen an, davon wiederum rund zwei Drittel Kunststoffe und ein Drittel Restabfälle wie Glas und Metall.

„Durch unsere Analyse haben wir einen guten Überblick über das Abfalltrennungsverhalten in den einzelnen Stadtgebieten erhalten. Es stellte sich heraus, dass wir auch in Wohnregionen, wo man vielleicht meinen könnte, dass dort besser sortiert werden würde, schlechte Ergebnisse konstatierten“, so Heyroth. Kurz um: Wenngleich es bekannte Hotspots gäbe, zögen sich Fehlwürfe durch alle Gesellschaftsschichten, ob Arm oder Reich, Alt oder Jung, ob mit Migrationshintergrund oder ohne, ob Mieter oder Eigentümer.

Unabhängig davon ist das Gesamtergebnis doch ernüchternd, denn rund ein Viertel der gesamten Stadtfläche musste bei der Gebietsanalyse als warnend „rot“ klassifiziert werden, weil der Störstoffanteil in diesen Gebieten über drei Gewichtsprozente liegt; etwas weniger als zwei Drittel der Touren wurde mit einem Störstoffanteil von einem bis drei Prozent eingestuft und nur 17,8 Prozent der Stadtfläche lag unter einem Prozent Störstoffe. Es besteht also gar kein Zweifel: Es muss noch einiges geschehen, damit es nach dem 1. Mai 2025 nicht so ist, dass ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Doch ist der 38-jährige Maschinenbau-Ingenieur Heyroth guter Dinge, dass im Zuge der Aufklärungsarbeit – in klassischen wie auch in sozialen Medien – bis nächstes Frühjahr noch ein Verhaltenswandel erwirkt werde. „Ich hoffe, dass wir bis 2025 die zu Beginn dieses Jahres identifizierten roten Gebiete auf unter fünf Prozent drücken können.“ Ob sich das bewahrheitet, werden die Braunschweiger Biotonnen-Abholer und Kompostierer im Januar 2025 feststellen können, wenn sie ihre Analyse-Aktion wiederholen werden. Dann schauen die Mitarbeiter noch mal ganz tief in die Biotonne und sortieren den Störstoffanteil wieder akribisch aus, um einen Vergleich ziehen zu können. Man darf gespannt sein, ob die Braunschweiger ihre „Trennungsangst“ bis dahin vollumfänglich überwunden haben werden.

Der Biogasanlage, dem Kompost und der Sinnhaftigkeit der Kreislaufwirtschaft wäre es zu wünschen.