Hamburg – Ob die Inbetriebnahme des Elektrolyseurs am Biogas- und Kompostwerk Bützberg Anfang Oktober 2025 tatsächlich, wie Mike Blicker vom Projektkoordinator Norddeutschen Reallabor (NRL) sagt, „ein bedeutender Meilenstein“ sei, muss sich in den nächsten Monaten in der Praxis noch bewahrheiten.

Denn die Nutzung von grünem Wasserstoff, direkt injiziert in die Garagenfermenter mit der Absicht einen höheren Biomethangehalt im Biogas zu erzeugen, ist eine echte Pioniertat. Mit vielen offenen Fragen und daher am Ende noch offenem Betriebsergebnis. Zwar gibt es bereits mehrere Pilot-Vorhaben der Biologischen Methanisierung, wie dasjenige in Nordhackstedt bei Flensburg und das der französischen Firma Ensosis aus Toulouse in der Nähe der französisch-belgischen Grenze. Doch werden bei diesen im Gegensatz zum Bützberg aber Verfahren verwendet, die ex situ, außerhalb des Fermenters, angelegt sind.

Dennoch ist der verantwortliche Projekt-Ingenieur Marcel Schröder von der MVR, eine Unternehmenstochter der Stadtreinigung Hamburg, optimistisch. Er erwartet durch die direkte Einbringung des Wasserstoffs in die Fermentation eine Steigerung des Biomethananteils im Biogas um rund 20 Prozent und eine diametrale Reduzierung des Kohlendioxidgehalts um diesen Betrag. Interessant wird es in der Praxis dann sein, wie hoch der Energieaufwand dafür sein muss, um dies zu erreichen. Darüber kann Schröder zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber noch keine präzisen Aussagen treffen. Umso mehr ist den Betreibern der Kompostierungsanlage ihre hohe „technikoffene“ Risikobereitschaft und ihr mutiger Pioniergeist anzurechnen, die sie schon mit der Inbetriebnahme der Biogasanlage im Jahr 2011, damals noch unter der Leitung von Dr. Anke Boisch, bewies.

Mit diesem innovativen Hintergrund ließ es sich der Geschäftsführer der Stadtreinigung Prof. Dr. Rüdiger Siechau auch nicht nehmen, im Beisein der Betriebsleiterin Tanja Böhlke und von Katharina Fegebank, Senatorin für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft und zugleich stellvertretende Bürgermeisterin Hamburgs, am Pressetermin zum Start des Elektrolyseurs teilzunehmen. Während Fegebank von „einem großen Tag für die Energiewende“ sprach, bedankte sich Siechau bei allen Beteiligten, die diese „komplexe Installationen vornehmen mussten“, damit der rund 2,5 Millionen Euro teure Elektrolyseur mit einer Kapazität von einem Megawatt des Herstellers Friedrich Vorwerk seine Arbeit aufnehmen konnte. Für den Bezug von Grünstrom für den Betrieb des Elektrolyseurs hat man mit dem Berliner Stromhändler trawa extra einen PPA-Vertrag abgeschlossen.

Dabei ist die biologische Methanisierung nicht das einzige in Umsetzung befindliche Projekt in Bützberg. So wird dort derzeit gleichzeitig die Rottehalle wesentlich vergrößert, damit in Zukunft die doppelte Menge an Inhalten aus der Biotonne und Grünschnitt aus dem Stadtgebiet Hamburg hier am nordöstlichen Stadtrand verarbeitet werden kann. 90.000 Tonnen werden pro Jahr angestrebt. „Es gibt viel zu tun“, unterstreicht die neue Betriebsleiterin, Tanja Böhlke. Sie hofft, dass die Bauarbeiten in und um die neue Rottehalle und parallel dazu eine erfolgreiche Integration der biologischen Methanisierung in die Biogaserzeugung spätestens Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein werden. Erst dann wird Tanja Böhlke auch genauer beziffern können, welche Mengen Biomethan und Kompost am Standort in Zukunft erzeugt werden. Und wie hoch der Klimaschutzbeitrag der biologischen Methanisierung in situ, die rund fünf Millionen Euro Investitionen erfordert haben, am Ende einbringt.

Wie auch immer: Gut Ding braucht Weile. Denn unabhängig der nach der Testphase erzielten Ergebnisse, schon jetzt wird in Bützberg mit großem technischem und planerischem Aufwand versucht, die bestehende Lücke zwischen der Welt des Wasserstoffs und dem Biogas-Kosmos respektive Kohlenstoffkreislauf zu schließen. Ehrenwert, insofern vielleicht doch ein Meilenstein in der Energiewende?

AUTOR: DIERK JENSEN